Martan Plastics Wissen Wie beeinflusst Feuchtigkeit die Eigenschaften von PA?

Wie beeinflusst Feuchtigkeit die Eigenschaften von PA?

Polyamide (PA), umgangssprachlich auch als Nylon bekannt, gehören zu den am häufigsten eingesetzten technischen Thermoplasten. Sie bieten eine gute Kombination aus Festigkeit, Zähigkeit, Abriebfestigkeit und chemischer Beständigkeit. Doch ein kritischer Faktor beeinflusst die Leistungsfähigkeit von PA maßgeblich: Feuchtigkeit.

Hygroskopisches Verhalten von PA

Polyamide zeichnen sich durch ein hygroskopisches Verhalten aus – das bedeutet, sie nehmen Feuchtigkeit aus ihrer Umgebung aktiv auf. Diese Eigenschaft ergibt sich aus der chemischen Struktur des Kunststoffs: Die Amidgruppen im Polymernetzwerk können Wasserstoffbrückenbindungen mit Wassermolekülen eingehen. Besonders PA6 und PA66 sind dafür bekannt, in feuchter Umgebung relativ schnell Wasser aufzunehmen.

Die Feuchtigkeitsaufnahme erfolgt durch Diffusion und hängt stark von der Luftfeuchtigkeit und Temperatur ab. Im technischen Alltag liegt der Wasseraufnahmebereich bei PA6 bei etwa 2 bis 3 % (unter Normklima), kann bei vollständiger Sättigung jedoch Werte von 8 bis 10 % erreichen. PA66 nimmt etwas weniger Feuchtigkeit auf, bleibt aber ebenfalls deutlich hygroskopisch. Der Prozess ist reversibel: In trockener Umgebung gibt das Material die Feuchtigkeit wieder ab, was jedoch ebenfalls Einfluss auf die Eigenschaften hat.

Dieses Verhalten macht PA empfindlich gegenüber Schwankungen im Einsatzumfeld. Daher ist es wichtig, den Feuchtigkeitsgehalt bei Konstruktion, Verarbeitung und Lagerung zu berücksichtigen – besonders bei Anwendungen mit hohen Maßanforderungen oder mechanischer Beanspruchung.

Auswirkungen auf mechanische Eigenschaften

Die aufgenommenen Wassermoleküle wirken im Polymernetzwerk wie ein Weichmacher. Dadurch verändern sich die mechanischen Eigenschaften:

  • Zugfestigkeit sinkt mit steigendem Feuchtigkeitsgehalt

  • Bruchdehnung nimmt deutlich zu

  • Steifigkeit (E-Modul) wird reduziert

  • Schlagzähigkeit verbessert sich

Diese Effekte sind reversibel: Trocknet das Bauteil wieder aus, nähern sich die Eigenschaften dem Ursprungszustand an.

Maßänderung und Dimensionsstabilität

Ein wesentlicher Effekt der Feuchtigkeitsaufnahme ist die Volumenänderung des Materials. Durch die eingelagerten Wassermoleküle dehnt sich das Polymer aus, was zu einer merklichen Maßänderung führen kann. Diese Dimensionsänderungen sind nicht zu vernachlässigen – je nach Bauteilgeometrie und Wasseraufnahme kann die Volumenvergrößerung mehrere Prozent betragen. Besonders bei PA6 ist dieser Effekt deutlich spürbar.

In der Praxis bedeutet dies, dass enge Toleranzen nach der Verarbeitung oder bei stark wechselnder Umgebungsluftfeuchtigkeit kaum zuverlässig eingehalten werden können. Konstruktive Spannungen oder Formverzug sind möglich, wenn Teile unterschiedlich stark durchfeuchtet sind oder punktuell mehr Wasser aufnehmen als andere Bereiche. Auch das Einpressen oder Montieren von PA-Komponenten in andere Baugruppen kann zu Problemen führen, wenn die Maßänderung nicht einkalkuliert wurde.

Ein weiterer Aspekt: Diese Verformungen erfolgen verzögert – die Feuchtigkeitsaufnahme ist ein zeitabhängiger Prozess. Somit können PA-Bauteile Wochen nach der Fertigung noch ihre Form ändern, was bei sicherheitsrelevanten oder funktionalen Anwendungen kritisch ist.

Empfehlenswert ist daher eine gezielte Konditionierung der Bauteile auf ein definiertes Feuchteniveau sowie eine entsprechende Konstruktion mit Maßreserven. In besonders sensiblen Fällen kann auch der Einsatz weniger hygroskopischer PA-Typen wie PA12 eine geeignete Lösung sein.

Thermische Eigenschaften

Die thermischen Eigenschaften von Polyamiden werden durch die Anwesenheit von Wasser signifikant beeinflusst. Feuchtigkeit reduziert unter anderem die Glasübergangstemperatur (Tg), also die Temperatur, bei der der Kunststoff vom festen in einen gummiartigen Zustand übergeht. Dieser Effekt tritt ein, weil Wasser als molekularer Weichmacher die Beweglichkeit der Polymerketten erhöht.

In der Praxis bedeutet das: Ein durchfeuchtetes PA-Bauteil wird bei deutlich niedrigeren Temperaturen weich und verformbar als ein getrocknetes. Dies kann im Betrieb zu Problemen führen, insbesondere wenn das Bauteil mechanisch belastet oder thermisch beansprucht wird. Auch die Wärmeformbeständigkeit sinkt mit steigendem Wassergehalt, wodurch sich der Einsatzbereich für thermisch belastete Komponenten einschränkt.

Darüber hinaus kann Feuchtigkeit das thermische Ausdehnungsverhalten von PA verändern. Der lineare Ausdehnungskoeffizient steigt mit zunehmender Feuchte, was zusätzlich zur dimensionsbedingten Maßänderung zu berücksichtigen ist. In Kombination mit wechselnden Umgebungstemperaturen ergeben sich dadurch komplexe Verformungsmuster, die bei der Werkstoffwahl und der Konstruktionsauslegung unbedingt bedacht werden müssen.

Für Anwendungen mit dauerhaft erhöhten Temperaturen oder stark schwankender Feuchte empfiehlt sich daher entweder ein alternatives Material oder eine gezielte Vorkonditionierung – inklusive Validierung der Bauteile unter realen Einsatzbedingungen.

Elektrische Eigenschaften

Wasser wirkt als elektrischer Leiter – das wirkt sich negativ auf die Isoliereigenschaften von PA aus:

  • Durchschlagfestigkeit sinkt

  • Kriechstromfestigkeit wird schlechter

  • Spezifischer Widerstand verringert sich

In elektrischen Anwendungen (z. B. Steckverbinder, Gehäuse) ist daher trockene Lagerung und Verarbeitung entscheidend.

Einfluss auf die Verarbeitung

Feuchte PA-Granulate führen beim Spritzgießen zu:

  • Blasenbildung

  • Oberflächenfehlern

  • Verminderter Festigkeit

Daher ist das Trocknen vor der Verarbeitung (typisch 80 °C, 4–12 h) zwingend erforderlich. Der zulässige Restfeuchtegehalt liegt meist bei <0,2 %.

Maßnahmen zum Umgang mit Feuchtigkeit

Auswahl weniger hygroskopischer PA-Typen

Nicht alle Polyamide sind gleichermaßen empfindlich gegenüber Feuchtigkeit. PA12 etwa zeigt ein deutlich geringeres Aufnahmevermögen als PA6 oder PA66. Für Anwendungen, bei denen Maßhaltigkeit oder elektrische Eigenschaften kritisch sind, kann die Wahl eines weniger hygroskopischen PA-Typs eine wirkungsvolle Maßnahme sein.

Bauteilauslegung mit Toleranzen für Maßänderung

Da die Maßänderung durch Feuchtigkeit bei PA nicht vollständig vermeidbar ist, sollten Toleranzen bereits bei der Konstruktion berücksichtigt werden. Das bedeutet: Dimensionen so wählen, dass auch im feuchten Zustand die Funktion gewährleistet bleibt. Alternativ kann ein Spiel zur Kompensation vorgesehen werden.

Konditionierung der Teile auf definiertes Feuchteniveau

Durch gezielte Lagerung in einer Umgebung mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit kann ein gewünschter Feuchtegehalt im Bauteil erreicht werden. Diese Konditionierung hilft, stabile Eigenschaften zu gewährleisten – insbesondere bei Anwendungen, in denen PA-Komponenten exakt aufeinander abgestimmt sind.

Trocknung vor Verarbeitung und Montage

Bevor PA-Granulat verarbeitet oder Bauteile montiert werden, ist eine gründliche Trocknung notwendig. Nur so lassen sich Qualitätsprobleme wie Lunker, Blasen oder verminderte Festigkeit vermeiden. Industrielle Trockner mit definierten Temperatur- und Zeitprofilen sind dafür unerlässlich.

Lagerung in trockenen, klimatisierten Räumen

Auch nach der Produktion sollten PA-Bauteile nicht ungeschützt in feuchter Umgebung gelagert werden. Idealerweise erfolgt die Lagerung in luftdichten Behältern oder klimatisierten Räumen, um eine ungewollte Nachbefeuchtung zu verhindern. Das sichert die Qualität bis zur endgültigen Verarbeitung oder Auslieferung.

Fazit

Feuchtigkeit beeinflusst PA in nahezu allen Eigenschaftsbereichen: mechanisch, thermisch, elektrisch und dimensional. Wer PA-Bauteile konstruiert oder verarbeitet, muss die hygroskopischen Eigenschaften aktiv berücksichtigen – durch Werkstoffwahl, Konstruktion, Lagerung und Verarbeitung. Nur so lassen sich dauerhaft funktionstüchtige und maßhaltige Komponenten realisieren.

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