Martan Plastics Wissen Unterschiede bei der Feuchtigkeitsaufnahme von technischen Thermoplasten

Unterschiede bei der Feuchtigkeitsaufnahme von technischen Thermoplasten

Die Feuchtigkeitsaufnahme ist eine der entscheidenden Eigenschaften technischer Thermoplaste und beeinflusst sowohl die Verarbeitung als auch die Einsatzmöglichkeiten eines Bauteils. Sie bestimmt, wie zuverlässig ein Kunststoff seine Dimensionen beibehält, ob er langfristig mechanisch stabil bleibt und wie stark er sich für elektrische Isolationszwecke eignet.

Schon kleine Unterschiede bei der Wasseraufnahme können die Performance erheblich verändern – ein Detail, das in Branchen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Medizintechnik oder Luft- und Raumfahrt über den Erfolg einer Anwendung entscheidet. Für Entwickler und Konstrukteure bedeutet dies, die Hygroskopizität eines Materials stets in die Materialwahl und in die Konstruktionsplanung einzubeziehen.

Warum die Feuchtigkeitsaufnahme wichtig ist

Thermoplaste sind nicht vollkommen geschlossen, sondern können Feuchtigkeit aus der Umgebung aufnehmen. Dieser Prozess erfolgt meist über Diffusion und ist abhängig von der chemischen Struktur des Polymers. Polymere mit polaren Gruppen (wie Polyamide) nehmen deutlich mehr Wasser auf als unpolare Materialien (wie POM oder PE). Schon eine geringe Aufnahme kann die Dimensionsstabilität verändern, die mechanische Festigkeit beeinflussen und die elektrischen Isoliereigenschaften verschlechtern. In manchen Fällen hat die Feuchtigkeit jedoch auch positive Effekte, zum Beispiel eine erhöhte Schlagzähigkeit oder reduzierte Sprödigkeit.

Die Folgen sind vielfältig und betreffen sowohl die mechanische Festigkeit als auch die elektrischen Eigenschaften, die Maßhaltigkeit, die Lebensdauer und sogar die Oberflächenqualität. Wird zu viel Feuchtigkeit aufgenommen, kann dies die Steifigkeit und Festigkeit herabsetzen, die Kriechbeständigkeit verschlechtern und gleichzeitig die Isoliereigenschaften vermindern. Zudem neigen betroffene Bauteile dazu, sich durch Aufquellen oder Schrumpfen in ihren Maßen zu verändern, was bei präzisen Anwendungen zu Problemen führt. Auch die Oberflächenqualität kann darunter leiden, da Spannungsrisse entstehen oder die optische Transparenz beeinträchtigt werden kann.

Unterschiede nach Kunststofftypen

Polyamid (PA)

Polyamid gehört zu den hygroskopischsten technischen Thermoplasten. Je nach Typ können zwischen 1,5 und 3 % Wasser aufgenommen werden. Dies führt zu deutlicher Quellung und Maßänderung, was problematisch bei Präzisionsbauteilen ist. Gleichzeitig steigt die Zähigkeit mit zunehmender Feuchtigkeit stark an, wodurch PA in dynamischen Anwendungen wie Zahnrädern oder Gleitlagern Vorteile bietet.

In trockener Umgebung ist PA eher spröde, was die richtige Konditionierung im Einsatz besonders wichtig macht. Für Konstrukteure ist es entscheidend, Toleranzen größer zu wählen und mit längeren Konditionierungszeiten zu kalkulieren. In elektrischen Anwendungen ist PA nur eingeschränkt einsetzbar, da die Isolationseigenschaften durch die Wasseraufnahme stark leiden. Zudem kann die Wasseraufnahme den Schmelzpunkt und die Viskosität beim Verarbeiten beeinflussen, weshalb eine sorgfältige Vortrocknung vor dem Spritzgießen unverzichtbar ist.

Polyoxymethylen (POM)

POM nimmt nur sehr wenig Feuchtigkeit auf (unter 0,5 %). Dadurch bleibt es äußerst maßhaltig und wird bevorzugt für Präzisionsteile eingesetzt. Typische Anwendungen sind Zahnräder, Ventile, Pumpengehäuse oder Lager, bei denen Zuverlässigkeit und konstante Abmessungen entscheidend sind. Auch die elektrischen Eigenschaften bleiben weitgehend unbeeinflusst. Ein weiterer Vorteil: POM bleibt auch nach längerer Lagerung in feuchten Umgebungen stabil.

Die Kombination aus geringer Wasseraufnahme, guter Gleitfähigkeit und Verschleißfestigkeit macht POM zu einem der wichtigsten Konstruktionskunststoffe im Maschinenbau. In feuchten Umgebungen oder bei Kontakt mit Wasser verändert POM seine Dimensionen nur minimal, was es besonders für Bauteile in Pumpen, Armaturen oder im Sanitärbereich geeignet macht. Vor der Verarbeitung ist eine Vortrocknung zwar meist nicht zwingend, kann aber die Oberflächenqualität verbessern.

Polycarbonat (PC)

Polycarbonat liegt mit 0,2–0,3 % Feuchtigkeitsaufnahme im Mittelfeld. Es ist weniger kritisch als Polyamid, jedoch nicht so stabil wie POM oder PET. Besonders bei optischen Anwendungen (z. B. Gehäuseteilen oder transparenten Abdeckungen) kann eine leichte Wasseraufnahme zu Spannungsrissen oder Oberflächenveränderungen führen. Zusätzlich kann Feuchtigkeit die Schlagzähigkeit beeinflussen und die Alterung unter UV-Belastung verstärken.

Im Maschinenbau wird PC häufig dort eingesetzt, wo hohe Transparenz und Schlagzähigkeit erforderlich sind, beispielsweise bei Schutzabdeckungen, Displays oder optischen Bauteilen. Im Außenbereich kann die Kombination aus UV-Strahlung und Feuchtigkeit zu Mikrorissen führen, weshalb UV-stabilisierte Varianten oder Beschichtungen empfehlenswert sind. Vor der Verarbeitung ist eine Trocknung sinnvoll, da Restfeuchtigkeit bei hohen Verarbeitungstemperaturen Hydrolyse und Trübungen hervorrufen kann.

Polyethylenterephthalat (PET)

PET nimmt etwa 0,2–0,4 % Wasser auf. Damit ist es dimensionsstabil, jedoch können Wärme und langanhaltende Feuchtigkeit seine Kristallstruktur beeinflussen. In Gleitlagern oder im Lebensmittelbereich spielt PET seine Vorteile aus, da es eine gute Balance zwischen Maßhaltigkeit und Verschleißfestigkeit bietet. Bei Anwendungen im Außenbereich sollte die Wechselwirkung zwischen Feuchtigkeit und UV-Strahlung beachtet werden.

PET hat eine hohe Härte und Verschleißfestigkeit, kombiniert mit einer guten chemischen Beständigkeit gegenüber vielen Medien. Durch die relativ geringe Wasseraufnahme bleibt die Maßhaltigkeit auch bei wechselnder Luftfeuchtigkeit gut erhalten, wodurch PET in Präzisionslagern, Zahnriemenführungen oder im Kontakt mit Lebensmitteln eingesetzt wird. Eine Vortrocknung vor der Verarbeitung ist jedoch notwendig, da Feuchtigkeit in Kombination mit hohen Temperaturen Hydrolyseprozesse auslösen kann.

Polyetheretherketon (PEEK)

PEEK nimmt mit unter 0,1 % so gut wie keine Feuchtigkeit auf. Selbst bei hohen Temperaturen oder in aggressiven Umgebungen bleibt es stabil. Das macht PEEK zu einem bevorzugten Werkstoff für Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt oder hochbelastete Maschinenteile, wo Präzision und Zuverlässigkeit unter Extrembedingungen gefordert sind. Seine hervorragende chemische Beständigkeit trägt zusätzlich dazu bei, dass Feuchtigkeit praktisch keine Auswirkungen zeigt.

PEEK kombiniert hohe Wärmeformbeständigkeit, ausgezeichnete mechanische Eigenschaften und minimale Wasseraufnahme, was es für Anwendungen prädestiniert, bei denen selbst kleinste Maßänderungen inakzeptabel wären. Typische Einsatzfelder sind Implantate, Lager im Hochtemperaturbereich oder Strukturelemente in der Luftfahrt. Bei der Verarbeitung ist die Trocknung zwar meist nur eine Vorsichtsmaßnahme, sie trägt aber zu einer optimalen Oberflächenqualität und Prozesssicherheit bei.

Weitere relevante Kunststoffe

Auch andere Kunststoffe wie PPS (Polyphenylensulfid), PEI (Polyetherimid) oder PSU (Polysulfon) weisen eine sehr geringe Feuchtigkeitsaufnahme auf und werden deshalb in Elektronik– und Hochtemperaturanwendungen verwendet. Dagegen nehmen Werkstoffe wie ABS oder PMMA ebenfalls Feuchtigkeit auf, wenn auch in geringerem Maße, was ihre optischen und mechanischen Eigenschaften beeinflussen kann. Spezielle Blends oder faserverstärkte Varianten dieser Kunststoffe können die Wasseraufnahme weiter reduzieren.

Vergleichstabelle: Feuchtigkeitsaufnahme ausgewählter Thermoplaste

KunststoffTypische Wasseraufnahme (%)Auswirkungen
PA (Polyamid)1,5–3,0Hohe Quellung, bessere Zähigkeit, eingeschränkte Maßhaltigkeit
POM< 0,5Sehr formstabil, konstante elektrische Eigenschaften
PC0,2–0,3Mäßige Aufnahme, mögliche Spannungsrisse
PET0,2–0,4Gute Stabilität, mögliche Langzeitveränderungen
PEEK< 0,1Exzellente Maßhaltigkeit, kaum Einflüsse selbst bei Extrembedingungen
PPS / PEI< 0,1Für Elektronik & Hochtemperaturanwendungen geeignet

Praktische Konsequenzen für die Anwendung

  • Konstruktion: Bei Kunststoffen mit hoher Feuchtigkeitsaufnahme wie PA müssen Toleranzen großzügiger gewählt werden, um Maßänderungen auszugleichen.

  • Lagerung: Hygroskopische Kunststoffe sollten in trockener Umgebung gelagert werden. Ideal sind verschweißte Beutel mit Trockenmittel oder spezielle Trockenschränke.

  • Verarbeitung: Vor dem Spritzgießen oder Extrudieren ist die Vortrocknung unverzichtbar. Schon geringe Restfeuchtigkeit kann zu Hydrolyse führen und die mechanischen Eigenschaften verschlechtern.

  • Einsatzumgebung: Für Präzisionsteile oder elektrische Anwendungen sind feuchtigkeitsarme Materialien wie POM, PET, PPS oder PEEK vorzuziehen. In dynamischen Anwendungen, bei denen Zähigkeit wichtiger ist, können hingegen PA-Werkstoffe Vorteile bringen.

  • Lebensdauer und Wartung: Bei Bauteilen aus hygroskopischen Kunststoffen muss im Betrieb mit Maßänderungen gerechnet werden. Regelmäßige Inspektionen und eine angepasste Konstruktionsplanung erhöhen die Betriebssicherheit.

  • Beschichtungen und Modifikationen: In bestimmten Fällen lassen sich Materialien durch Beschichtungen, Glasfaserverstärkung oder Additive gezielt an die Einsatzbedingungen anpassen.

Zusammenfassung

Die Unterschiede in der Feuchtigkeitsaufnahme technischer Thermoplaste sind erheblich und wirken sich auf viele Eigenschaften eines Bauteils aus – von der Maßhaltigkeit über die mechanische Beständigkeit bis hin zu den elektrischen Isoliereigenschaften. Während Polyamid große Mengen Wasser bindet und dadurch stark aufquillt, zeigen Hochleistungskunststoffe wie POM, PET, PEEK oder PPS eine sehr hohe Stabilität.

Die Materialwahl hängt daher immer vom konkreten Einsatzgebiet ab: dynamische Anwendungen profitieren von der Zähigkeit feuchter PA-Materialien, während Präzisionsteile auf feuchtigkeitsarme Polymere angewiesen sind. Für Unternehmen bedeutet dies, schon in der Planungsphase eine gezielte Abwägung zwischen Zähigkeit, Beständigkeit und Maßhaltigkeit vorzunehmen. Wer die Zusammenhänge kennt, kann nicht nur teure Fehler vermeiden, sondern auch die Lebensdauer und Zuverlässigkeit seiner Produkte entscheidend verbessern.

FAQ

Warum nimmt Polyamid so viel Wasser auf?
Die Molekülstruktur von PA enthält polare Amidgruppen, die Wasserstoffbrückenbindungen mit Wassermolekülen eingehen. Dadurch kann das Material Feuchtigkeit besonders stark aufnehmen.

Wie lässt sich die Feuchtigkeitsaufnahme reduzieren?
Neben geeigneter Lagerung und Vortrocknung können auch Additive, Füllstoffe oder spezielle Beschichtungen die Wasseraufnahme verringern. In manchen Fällen ist die Materialsubstitution die beste Lösung.

Welche Kunststoffe eignen sich für präzise Zahnräder?
POM, PET und PEEK sind aufgrund ihrer geringen Feuchtigkeitsaufnahme und hohen Maßhaltigkeit ideal für Präzisionszahnräder.

Wie wirkt sich Feuchtigkeit auf elektrische Eigenschaften aus?
Feuchtigkeit erhöht die Leitfähigkeit und reduziert die Isolationsfähigkeit. Besonders bei Schaltanlagen oder Steckverbindern kann dies kritisch sein.

Sind trockene Kunststoffe auch langfristig stabil?
Nicht unbedingt. Auch nach Vortrocknung nehmen hygroskopische Kunststoffe im Einsatz wieder Feuchtigkeit auf. Die Materialwahl sollte deshalb immer die realen Umgebungsbedingungen berücksichtigen.

Gibt es Normen oder Prüfverfahren zur Bestimmung der Feuchtigkeitsaufnahme?
Ja, gängige Normen wie ISO 62 oder ASTM D570 legen Verfahren zur Messung der Wasseraufnahme von Kunststoffen fest und ermöglichen damit den Vergleich unterschiedlicher Werkstoffe.

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